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Kunsthalle Fridericianum

Das Werk von Nina Canell erprobt eine Durchdringung von Menschen, Objekten und Ereignissen und artikuliert diese in konkreter Form. Ihre Installationen verstehen sich selbst als Versuchsanordnungen, die Elemente aus der natürlichen Welt imitieren, (fehl)-interpretieren oder neu erfinden und die enge Verknüpfungen mit unserer real existierenden sowie fiktiven Umgebung aufstellen.

Mit ihrer Einzelausstellung Ode to Outer Ends in der Kunsthalle Fridericianum formuliert Nina Canell eine Hommage an das Unscheinbare und verleiht kleinsten und unsichtbaren Dingen Geltung, um die Beständigkeit festgeschriebener Formen zu erschüttern. Aus dieser Vorliebe für Randerscheinungen und Übergänge entstehen skulpturale Arbeiten, die durch Akkumulation ein reduziertes Material-Crossover hervorbringen und unsere Vorstellung von Nähe und Distanz problematisieren. In Anlehnung an die letzte Passage von Gustav Holsts Musikstück Neptune, der Mystiker (1916), in dem der Komponist das vermutlich erste bewusste „Fade-Out“ einsetzte, hat Canell eine Türpassage zwischen den zwei Ausstellungsräumen des Ostflügels der Kunsthalle Fridericianum installiert. Die ursprüngliche Partitur Holsts sah vor, einen kleinen Frauenchor im Nebenraum des Zuhörersaales zu positionieren, um die Tür nach und nach zu schließen, „bis der Klang sich in der Ferne verliert“. Indem Gustav Holsts mechanisches Konstrukt um Annäherungssensoren erweitert wird, dehnt dieser Korridor den akustischen Übergang aus und bringt den Betrachter indirekt in eben jenes Transitstadium, das so oft den Kern der Objekte und Assemblagen Canells ausmacht.

Ihre Objekte machen die ihnen innewohnende Logik des Energieflusses sichtbar, etwa wenn elektromagnetische Impulse wie Folgen absichtlicher Ereignisse erscheinen, obwohl sie durch Nägel, Kabelreste, Drahtstücke und Metallfetzen geleitet werden oder sich der menschlichen Wahrnehmung gänzlich entziehen. Es scheint ein verborgener Mechanismus am Werk zu sein, der menschliches Bewusstsein in beinahe prosaischer Form mit Objekten und Phänomenen verbindet. Diese „elektromagnetische Art der Selbsterkenntnis“ ist eine tragende Komponente in Canells Werk. Sie spiegelt sich auch in ihrer neuen, umfangreichen Arbeit Impulse Slight (2011), bestehend aus tausenden, seriell gerahmten Wassermelonenkernen, die in ihrer Vielzahl zur formbaren Masse werden. Hierbei wirkt ein inhärentes Prinzip, die Behauptung verkörpernd, dass „die Form einer gegebenen Sache die Summe der Ereignisse darstellt, die sie durchlitten hat“. Eine Position, die Prozessen und Verbindungen skulpturalen Nachdruck verleiht und die Aufmerksamkeit von ihrem materiellen Aspekt auf das lenkt, was in den Strom der Ereignisse eingebettet oder durch sie ausgelöst wird.