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Abenteuer Museum

Der Müllsack in der zeitgenössischen Kunst – Kinder als Multiplikator/innen 


Schnelle Zeichnungen auf grauen Müllsäcken, der Staub von entleerten Feuerlöschern auf dem Fußboden und grelles Arbeitslicht empfängt die Besucher/innen der Ausstellung THAT DEATH OF WHICH ONE DOES NOT DIE von Matias Faldbakken. Keine einfache Kunst, die hier zu sehen ist, denn zeitgenössische Künstler/innen bedienen sich der Kenntnis des Ausstellungsraumes, seiner Regeln und Brüche. Daher wurden zu Beginn des dreitägigen Herbstferienprojektes „Abenteuer Museum“ mit einer Gruppe von Kindern aus dem Spielhaus Weidestraße im Oktober 2010 zuerst einmal die Regeln vermittelt, wie eine „normale“ Ausstellung eigentlich aussieht, um im zweiten Schritt die Abweichungen von der Norm sichtbar zu machen. 
 
Viele Teilnehmer/innen des Ferienprogramms kamen bereits zum zweiten, einige sogar schon zum dritten Mal mit der Pädagogin Petra Meyer in die Kunsthalle Fridericianum und kannten sich mit zeitgenössischer Kunst schon gut aus: sie wussten, dass bei dieser Art von Kunst das Konzept wichtig ist und Gegenstände aus dem Alltag zu Kunstwerken werden können. Sie waren geübt, genau zu schauen, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese mit den anderen Kindern zu diskutieren... 
 
Der erste Morgen begann mit einer Beobachtungsaufgabe in einer „klassisch“ gehängten Gruppenausstellung: Wie sieht diese Ausstellung aus? Welche Materialien wurden verwendet? Was ist das für Kunst? Wie sehen Licht, Labels, Fußboden, Fenster aus? Mit geschärftem Blick ging es dann mit der Vermittlerin Sandra Ortmann in die Ausstellung der Kunsthalle. Nach dem Mittag lag der Fokus auf der eigenen kreativen Aktivität: die Kinder entwickelten Symbole und Zeichen und übertrugen sie auf Müllsäcke, sie zeichneten vergrößerte Oberflächenstrukturen und befassten sich mit Spiegelschriften. Durch das Bereitstellen von Materialien, die in den Kunstwerken verwendet werden, fiel es den Kindern leicht, die Arbeitsweise der Künstler/innen nachzuvollziehen. Das haptische Erleben und die ungewöhnlichen Oberflächen boten einen unmittelbaren Zugang jenseits von Sprache.
 
Die Ausstellung BOTH ENDS von Monica Bonvicini bot Anlass zur Beschäftigung mit den Themen Architektur, Macht und Arbeit. Was tun Bauarbeiter? Wie kleiden sie sich? Was wissen wir über Bauwerke? Aus farbigem Klebeband, Pappe und Müllsäcken fertigten die Kinder Schutzkleidung und bereiteten eine kleine Ausstellung mit Objekten und Bildern vor. Am Samstag und Sonntag waren sie eingeladen, ihre Eltern und Freund/innen kostenlos in die Ausstellungen mitzunehmen und ihre Ergebnisse von „Abenteuer Museum“ zu präsentieren. Sie zeigten ihre Kunst und führten ihre Gäste durch die Ausstellungen der Kunsthalle.



Im Zeichen der Freiheit: Herbstferien 2011

"Ein Finger aus Kupfer, drei Finger... aber von welcher Hand? Hier noch ein Fuß und das - ist das die Flamme?" Ausgestattet mit einer Zeichnung der Freiheitsstatue streifen die Kinder aus dem Spielhaus Weidestraße, einem offenen pädagogischen Angebot der Kinder- und Jugendförderung im Jugendamt, in Zweiergruppen durch die Ausstellung JULY, IV, MDCCLXXVI von Danh Vo. Sie versuchen herauszufinden, welche Teile der 31 Tonnen schweren Außenhaut der Statue schon fertig in der Kunsthalle Fridericianum liegen und zeichnen diese dann in ihren Plan ein. An drei Tagen in den Herbstferien 2011 sind sie hier zu Gast, erkunden die Ausstellungen und fertigen eigene Kunstwerke.

Der zweite Tag beginnt mit einer Filmdokumentation: Danh Vo spricht über die Reiseroute der historischen Statue und seines Kunstwerks, über Gewichte, Materialien und Bedeutungen, aber auch über seine eigene Biografie. Im Anschluss vergleichen die Kinder ihre Mitschriften und kommen zu interessanten Ergebnissen: Wenn man 30 Kinder aufeinander stapelt, dann erhält man die Höhe der Statue, etwa 1000 Kinder wiegen soviel wie die ausgestellten Kupferteile. Und der Herkules ist viel kleiner, er geht Miss Liberty nur etwa bis zum Knie! Auf einer Weltkarte zeichnen sie Transport- und Reisewege ein. Doch was ist überhaupt Freiheit? Und wie lässt sie sich darstellen? Was bedeutet Freiheit im eigenen Leben?

Unter der Anleitung von Petra Meyer und Carmela Stein vom Spielhaus Weidestraße und der Kunstvermittlerin Sandra Ortmann (Kunsthalle Fridericianum) sammeln die Kinder Ideen für eigene Kunstwerke. Nach eigenen Skizzen fertigen sie aus Kupferfolie, Draht und Verschlussklammern Skulpturen zum Thema Freiheit: ein Vogel, ein Roboter, ein Bett und vieles mehr. Es entsteht eine eigene Ausstellung, zu der am letzten Tag Besucher/innen, Eltern, Geschwister und eine zweite Gruppe Kinder aus dem Spielhaus eingeladen sind. Stolz führen die Kinder durch ihre Ausstellung und zeigen auch mit einer kleinen Führung die Freiheitsstatue von Danh Vo.

Friends Forever: Kinder der Losseschule in der Kunsthalle

"Hier ist ja alles nur in Schwarz und Weiß!" bemerkt eine Schülerin der 4. Klasse der Losseschule Kassel beim Besuch der Ausstellung Power Has a Fragrance von Gardar Eide Einarsson. In kleinen Gruppen erforschen die Schüler/innen einzelne Kunstwerke: eine Barrikade aus Reifen, Comicfiguren in Siebdruck, Fotos von Polizisten, die sich verstecken. Was soll das bedeuten? Welche Techniken und Materialien hat der Künstler verwendet? 

Die Monate August und September 2011 stehen für die Schulklasse von Steffi Dornbach ganz im Zeichen der zeitgenössischen Kunst: Dem Besuch der Ausstellungen folgen Nachbereitungen im Unterricht und die Kinder wählen "Freundschaft" als Thema für ihre eigenen Kunstwerke. Weiter geht es in der Ausstellung Produced by Migros, wo sie unter Anleitung von Sandra Ortmann die Kunstwerke von Olaf Nicolai und Maurizio Cattelan kennen lernen: eine bunte Skulptur, die sich zum Sitzen und Spielen eignet, und die Figur eines kleinen Mannes, der aus Wachs gefertigt an einer Garderobe aufgehängt ist. 

Der Höhepunkt des Projektes ist für die Kinder schließlich der Besuch einer Siebdruckwerkstatt: Unter Anleitung drucken sie ihre eigenen Collagen mit weißer Farbe auf schwarzen Karton. Es entsteht eine Posterserie mit dem Titel "Friends Forever". 

Am Donnerstag den 8. September um 15 Uhr präsentieren die Kinder ihre Collagen, Texte, Fotos und Poster in einer Ausstellung mit dem Titel "Friends Forever" in der Kunsthalle Fridericianum. Eltern, Geschwister und Freund/innen, insgesamt mehr als fünfzig Personen, kommen zur Eröffnung und lauschten den Erläuterungen der Kinder. Im Anschluss wird die Ausstellung in der Losseschule präsentiert. 

Melonen essen für die Kunst: Osterferien 2011

Konzentriert sitzen die Kinder aus dem Spielhaus Weidestraße, einem offenen, pädagogischen Angebot der Kinder- und Jugendförderung im Jugendamt der Stadt Kassel, um ein großes Blatt Papier herum und kauen. Angelehnt an das Kunstwerk Impulse Slight, 2010 von Nina Canell sammeln sie Ideen - in diesem Fall Ideen für eigene Kunstwerke -  indem sie auf Melonenkernen lutschen. Immer wenn ein Einfall da ist, schreiben sie ihn auf und kleben den Kern daneben. Geht das eigentlich schneller mit Melone? Oder warum hat die Künstlerin das gemacht? Die Ausstellung Ode to Outer Ends stellt einen guten Einstieg zum Thema Konzeptkunst dar: Wie arbeiten Künstler/innen? Was ist Kunst? Woraus ist sie hergestellt? Welche Bedeutung hat eine Idee?   

Im zweiten Teil erstellen die Kinder – angelehnt an die Materialien der Ausstellung eigene Kunstwerke aus Draht, Nägeln, Magneten und Technikschrott. Dabei entstehen ungewöhnliche Kunstwerke: „Die Kette des Todes“, „Betitelt“, „Magnetaufsammler“ oder auch „Das Windspiel der Technik“.  Am zweiten und dritten Tag des Osterferienprogramms geht es spielerisch in der Ausstellung Pink Wave Hunter von Andro Wekua weiter. In kleinen Gruppen werden Assoziationen zu den Kunstwerken gesammelt und diskutiert. 

Gemeinsam mit den Pädagoginnen Petra Meyer und Carmela Stein (Spielhaus Weidestraße) und der Kunstvermittlerin Sandra Ortmann (Kunsthalle Fridericianum) erstellen die Kinder zum Schluss eine eigene Ausstellung, sie installieren ihre Objekte auf Sockeln und bereiten Führungen für Besucher/innen, Eltern, Geschwister und Kinder aus dem Spielhaus vor – durch ihre eigene Ausstellung und die der Profis. 

Zu Gast bei Mark Divo: Sommerferien 2010

Im Rahmen des Sommerferienprogramms des Spielhaus Weidestraße besuchte eine Gruppe Kinder die Kunsthalle Fridericianum und wurde zum aktiven Bestandteil der „bewohnten Skulptur“ des d.i.v.o. Institutes. Sie trafen den Künstler Mark Divo zum Gespräch, lernten seinen Hund Motoracek kennen und erstellten Collagen aus Zeitschriften, die sie im Ausstellungsraum aufhängten.

In der Anstalt: Osterferien 2010

"Der Künstler Thomas Zipp hat hier Zigarettenkippen auf den Boden geworfen und die dann liegen gelassen. Er möchte, dass es ein bisschen schmutzig aussieht und wie in einer psychologischen Anstalt. Das ist seine Kunst!" erklärt ein achtjähriger Junge seinen Eltern beim gemeinsamen Rundgang. Langsam durchwandert die kleine Gruppe die Ausstellung in der Kunsthalle Fridericianum und die Kinder erklären, was sie hier entdeckt und gelernt haben. 

Diese Führungen für Freund/innen und Eltern bildeten den Abschluss des Osterferienprojekts „Abenteuer Museum“, dass sich zeitgenössischer Kunst in der Ausstellung (WHITE REFORMATION CO-OP) MENS SANA IN CORPORE SANO widmete. Fünfzehn Kinder aus dem Spielhaus Weidestraße, einem offenen, pädagogischen Angebot der Kinder- und Jugendförderung im Jugendamt, erkundeten an vier Tagen im April 2010 die Kunst von Thomas Zipp und bereiteten eine eigene kleine Präsentation vor.  Sie erfanden neue Namen für Kunstwerke, betrachteten sich im Zerrspiegel, lösten Detektivaufgaben, spielten "ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst" und zeichneten Portraits.

Unter der pädagogischen Leitung von Petra Meyer (Spielhaus Weidestraße) und Sandra Ortmann (Kunsthalle Fridericianum) entwickelte jedes Kind eine eigene Miniaturausstellung, die zu einer gemeinsamen Installation zusammengefügt wurde.  Das Einlassen auf die zeitgenössische Kunst, prozessuales, kreatives Arbeiten mit spannenden Materialien, Spaß und die gemeinsame Diskussion standen dabei im Vordergrund.  Mit spielerischen Herangehensweisen wurde versucht, den Ausstellungsraum zum Raum der Kinder zu machen.

Diese Zusammenarbeit der Kunsthalle Fridericianum mit dem Kulturamt der Stadt Kassel und dem Spielhaus Weidestraße war Teil von Ruhr.2010


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