KUNST [auf] FÜHREN
Symposium mit Vorträgen, Workshops und Performances.
Samstag 20. Juni 2009, 10-19 Uhr
Ort: Kunsthalle Fridericianum, Kassel.
RÜCKBLICK
DOKUMENTATION
Die zweiten Ausgabe des Art Education Research, das eJournal des Institute for Art Education der Zürcher Hochschule der Künste, dokumentiert die Beiträge des Symposiums.
Wenn wir die Geschichte der Reflexion über das Performen, das Ausführen und Aufführen als eine doppelte denken, nämlich einmal aus der Sprechakttheorie heraus, einmal aus der Kunstform Performance, dann ist Kunstvermittlung das Feld, in dem sich diese beiden Stränge kreuzen und produktiv machen lassen.
Performing the Self. Die Vermittlungssituation und die Vermittler_in selbst stellen sich im (Wieder-)Aufführen von historisch gegebenen Handlungsmöglichkeiten her. Gerade in der Suche nach Widerständigkeiten in der Aufführung befindet sich das Agieren der Vermittlung im Kunstraum schon mitten im Terrain der Performance.
Performing the Museum heißt, über die Herstellung der Institution und der Subjekte in der Vermittlungspraxis nachzudenken, es heißt aber auch danach zu fragen, was Vermittlung und die künstlerische Performance mit ihren Erfahrungen von Körper, Raum und Zeit (sich) zu sagen haben.
Das Symposium bietet einen Tag mit Vorträgen, Workshops und Performances für Vermittler_innen, Künstler_innen und andere Interessierte, zur Weiterbildung und zur Vernetzung. Gemeinsam sollen im Austausch über Vermittlungsstrategien verschiedener Personen, Gruppen und Institutionen neue Handlungsweisen in der Vermittlung entwickelt werden – perform the museum!
PROGRAMM
10:00
Eintreffen, Anmeldung
10:30
Informing the Museum:
Kritische Kunstvermittlung 1999 – 2009 und ihre Folgen
Carmen Mörsch
Ohne die Vermittlung und den Beirat auf der documenta 12, ohne die kuratorische Setzung des Bildungsbegriffs, durch die der „Educational Turn in Curating“ zu einem global rezipierten Phänomen avancierte, ohne die Arbeit des Forschungsteams der d12-Vermittlung und ohne die Möglichkeit, all dies zu publizieren würde die Tagung „KUNST [auf] FÜHREN“ wahrscheinlich nicht an diesem Ort, nicht in dieser Form und nicht mit diesen Beiträgen stattfinden. Doch ist es an dieser Stelle vielleicht sinnvoll, etwas weiter auszuholen.
Kunstvermittlung hat in den vergangenen zehn Jahren Museen und Kunstinstitutionen nicht nur mit hergestellt, wie C. Garoian in seinem Text „Performing the Museum“ verdeutlicht. Sie hat diese Institutionen auch in-formiert: Sie mit Wissen und Praktiken versorgt, die ihnen einen Zuwachs an symbolischem Kapital, an kulturpolitischer Legitimation und gesellschaftlicher Sinnstiftung verheissen. Die sie aber weiterhin kaum bezahlen können oder wollen. Und die weiterhin ein Störmoment in ihrem institutionellen Gefüge darstellen.
Der Beitrag liefert einen kurzen Rückblick über diese Entwicklung und befragt den Status Quo auf seine Potentiale und seine Leerstellen.
Carmen Mörsch, seit 1995 Projekte, Publikationen und Forschung in der Kunstvermittlung und kulturellen Bildung. 2003–2008 Juniorprofessorin am Kulturwissenschaftlichen Institut KUNST-TEXTIL-MEDIEN der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Forschungstätigkeit u.a. in Modellprojekten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (2003-2005) und des Landesverbandes der Kunstschulen Niedersachsen (2005-2007). 2006/2007 wissenschaftliche Begleitung der Kunstvermittlung auf der documenta 12. Seit April 2008 Leiterin des Institute for Art Education (IAE) der Zürcher Hochschule der Künste.
10:50
Quer gelesen und zurück gesprochen.
Ein Vortrag zu Performancetheorie in Dialogform
Sabine Gebhardt Fink im Dialog mit Nora Landkammer und Anna Schürch
Ausgehend von Judith Butlers Verständnis des performativen Aktes als einer Handlung „die immer wieder repetiert und gesellschaftlich legitimiert werden muss“, sollen im Vortrag aktuelle Konzepte von Performativität kritisch befragt werden. Dies in der Absicht, über performative Akte der Bedeutungsproduktion in der Performance-Kunst selbst nachzudenken.
Es werden dazu die folgenden vier Themenfelder näher beleuchtet: Präsenz und Embodiment, Strategien der Handlungsermächtigung in kollektiven Rezeptionspraktiken, Konstruktionen des Ortes sowie Fragen der Medialität. Performative Projekte der KünstlerInnen Alexandra Bachzetsis, San Keller, William Hunt und Kateřina Šedá werden unter dieser Themenstellung analysiert.
Die Form des Vortrags als Dialog entspricht dem Anliegen, performancetheoretische Ansätze mit dem aktuellen Vermittlungsdiskurs in Verbindung zu bringen. Welche Instrumente der Handlungsermächtigung können aus der Performance-Theorie für die Kunstvermittlung abgleitet werden?
Sabine Gebhardt Fink (*1966), Kunstwissenschaftlerin und Dozentin am ICS ZHdK. Arbeitet in folgenden Netzwerken mit: Performance Chronik, Performance Studies International und Performance Index (Mitbegründerin). Dissertation an der Universität Basel „Transformation der Aktion“ (Wien 2003). Forscherin u.a. für die SNF-Projekte „Perform Space“ und „The Situated Body“.
Anna Schürch, Fachlehrerin für Bildnerisches Gestalten und Kunstvermittlerin. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IAE ZHdK, Schwerpunkt schulische Kunstpädagogik. Lehrtätigkeit im BA und MA in Art Education der sowie am Propädeutikum der ZHdK. Kunstvermittlerin documenta 12.
Nora Landkammer (*1983) hat Kunst und Kommunikative Praxis sowie Hispanistik in Wien studiert. In der Vermittlung war sie bei der documenta 12, in der Kunsthalle Wien sowie in mit der Gruppe MIK organisierten Projekten tätig. Seit 2008 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institute for Art Education, ZHdK Zürich.
11:35
Eine Freundin von mir hat bei Büchern einfach das Ende neu geschrieben, wenn es ihr nicht gefallen hat.
Chris Regn
Bildwechsel - Dachverband für Frauen, Medien und Kultur – sammelt, archiviert, produziert und präsentiert Material und ist ein 30 Jahre altes multimediales Projekt zu Berufsbildern, Repräsentationsmechanismen und Techniken von Künstlerinnen+. In der Organisation von Gender und Kunst ist die Frage nach Repräsentationen, nach internationalen Systemen und strukturellen Unklarheiten auch die Frage nach dem Spielraum in diesen Modellen.
Archive und Aktionsforen stellen Raum, in dem sich Informationen und Materialien ständig neu zusammensetzen, kommentieren, interpretieren und vermitteln lassen. Neben Bildwechsel sollen Einblicke in das Interview-, Vermittlungs- und Performanceprojekt „Generation Gap“ und „Performance Saga“ mit Performerinnen der Vorbild-Generation gegeben werden.
Chris Regn/Helga Broll (*1964). Lebt in Hamburg und Basel und arbeitet als Künstlerin, Organisatorin, Veranstalterin und Kuratorin in verschiedenen Projekten und Kunsträumen wie Bildwechsel Hamburg, Galerie Broll, Kaskadenkondensator Basel, Lodypop sowie mit den Künstlerinnengruppen „Evi, Nic und C“ und „Tischgespräche”.
12:20
Autonomy within the institution:
towards a critical art education
microsillons
As a collective, microsillons works as head of the art education department in le Centre d’Art Contemporain Genève, as well as in an autonomous way, on projects dealing with the questions of ‘public’ and ‘education’, trying to deconstruct these notions. The collective considers its art education practice as being the core of its artistic practice, rather than being something additional to it.
microsillons develops a critical approach to art education, developing projects which sometimes criticize art institutions, but is at the same time conscious - following Andrea Fraser – ‘to be the institution’. Speaking from that paradoxal situation, microsillons wants to adress what it means and what it takes to work inside and for an art institution.
Is an art institution without education programmes something conceivable? How does art education participate in the building of institutional discourses? Is a critical art education programme possible within the frame of an institution? Even if educational departments bring a high symbolic value to institutions, is art education condemned to be in the last position of the curatorial chain?
microsillons is a collective of artists/art educators founded in 2005 by Marianne Guarino-Huet and Olivier Desvoignes.
They work autonomously on art and art education projects and, since 2008, they are in charge of the art education department at the Centre d’Art Contemporain Genève.
They won a Swiss Art Award (in the ‘art and architecture education’ category) for their work in 2008, and the City of Geneva’s grant for contemporary art educators in 2007. www.microsillons.org
13:00 Mittagspause
14:00
Performing the Vermittler_in
Bernadett Settele, Andrea Hubin
2008 fand die 5. berlin biennale statt. Bernadett Settele und Andrea Hubin bewarben sich mit einem Kunstvermittlungsprojekt, das später den Namen Secret Service erhielt und Formate wie Encounters, Investigations, Aperos und Blind Dates inszenierte. Die Mitwirkenden performten (sich) als smarte „Agent_innen“, die dem Publikum ihr Wissen und ihre Einschätzungen aus Diskussionen und Recherchen zum Kunst- und Ausstellungssystem berlin biennale zur Verfügung stellten.
Der Vortrag wird versuchen, die folgenden Fragen mit einem Blick auf Subjekt- und Dingtheorien zu beantworten: Inwieweit stellte die berlin biennale eine besondere Ausgangssituation dar, auf die mit einer spezifischen Vermittlungstrategie geantwortet werden musste? Bietet die Inszenierung performativer Situationen und Settings wie Encounter, Investigation, Apero oder Blind Date Handlungsmöglichkeiten für Agent_innen und Publikum? Dienten Rollen, Bezeichnungen, Requisiten und Kostüme eher dazu, innerhalb institutioneller und systemischer Determinierungen eine Differenz zu markieren oder sich zu schützen? Welches Potential barg die Rolle der Agent_in?
(Secret Service bei der bb5 waren: Birgit Bertram, Katharina Dietz, Anne Fäser, Karin Harrasser, Andrea Hubin, Carsten Horn, Dominique Hurth, Stephanie Kiessling, Anna Kowalska, Sandra Ortmann, Bernadett Settele. Archiv: http://bb5.berlinbiennial.de/)
Andrea Hubin, Kunsthistorikerin und Kunstvermittlerin. 2008 Konzept Kunstvermittlung 5. berlin bienniale „Secret Service“; 2007 Kunstvermittlerin documenta 12, 1999-2003 Kunstvermittlung Generali Foundation Wien // Institutionenarbeit für Kunstausbildungen, Forschung & Publikationen zu Vermittlungsinstitutionen der Moderne, Mitwirkung an diversen Kunstprojekten mit sozial engagiertem Ansatz.
Bernadett Settele, Kunsthistoriker_in und Kunstvermittler_in. Wissenschaftliche Mitarbeiter_in am IAE Zürich (Forschungsbereich Kunstvermittlung in Museen und Ausstellungen). 2008 Leitung Kunstvermittlung der 5. berlin biennale „Secret Service“. 2007 Kunstvermittlung documenta 12. 2002-2007 Redaktion und Gestaltung der Zeitschrift diskus www.copyriot.com/diskus. Performt (sich) in Körper und Sprache.
14:45
Performative Ausstellungen kuratieren
Rein Wolfs
Anhand von Beispielen aus der eigenen kuratorischen Praxis (Rirkrit Tiravanija, Christoph Büchel, Pawel Althamer) wird auf die Chancen, die notwendigen Bedingungen, die Problematik und das kommunikative Potenzial von performativen Ausstellungen eingegangen. Es handelt sich bei den Beispielen um Ausstellungen, die prozessual und installativ angelegt sind, die kontinuierlich in Bewegung sind, die in Richtung Gesamtkunstwerk tendieren und als Performance, die sich über die gesamte Länge der jeweiligen Ausstellungsperiode erstreckt, zu deuten sind. Die Grenzen zwischen Kunst und Wirklichkeit werden laufend erkundet. Wichtige Fragen bei solchen Projekten sind: Inwiefern können die Besucher/innen in den kreativen Prozess mit einbezogen werden? Inwiefern werden Besucher/innen manipuliert? Wo ist die Abgrenzung zur Realität? Was verlangen solche Ausstellungen von den Kuratoren und von den Institutionen? Wie lassen sich solche Ausstellungen vermitteln? Wie prägen sie eine Institution?
Seit Januar 2008 ist Rein Wolfs Künstlerischer Leiter der Kunsthalle Fridericianum. Vorher war er sechs Jahre Ausstellungsdirektor im Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam. 2003 kuratierte er den niederländischen Pavillon bei der Venedig Biennale. 1996 bis 2001 war er der erste Direktor des Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich.
15:15
Performative Interventionen
Studierende der Kunsthochschule Kassel setzen sich performativ zu den Ausstellungen „Frühling“ von Pawel Althamer mit Kasseler Kindern und „Fomuška“ von Micol Assaël ins Verhältnis.
Mit: Lena Grewenig, Manuel Kirsch, Lena Lang, Beatrice Michaels, Tanja Mrotzkowski, Kim-André Schulz und anderen. Konzeption: Sandra Ortmann und Anna Schürch.
Sandra Ortmann ist Volontärin für Kunstvermittlung an der Kunsthalle Fridericianum. Sie arbeitete als Kunstvermittlerin im Team der documenta 12 und der 5. berlin biennale. Mit „Sissy Boyz“ und „Ärzte ohne Ängste“ forscht und performt sie zu den Themen Geschlecht, Sexualität, Macht und Popkultur.
16:15 Kaffeepause
16:30
Workshops
Es finden parallel fünf Workshops statt. Listen zur Anmeldung liegen ab 10 Uhr beim Anmeldetisch bereit.
Workshop 1
Falling apart and coming together
Übersetzungen in Sprache und Körper
Marty Huber
Fragen der Übersetzungen zwischen Sprache und Körper beschäftigen mich in Theorie und Praxis seit geraumer Zeit. Der Einsatz von Performance als Taktik der Vermittlung schafft meiner Erfahrung nach zusätzliche Gelegenheiten der Wissensvermittlung abseits kognitiver Strategien. Im Workshop werden zuerst Beispiele aus meiner bisherigen Praxis präsentiert, die sich mit dem produktiven Auseinanderfallen von Sprache und Körper beschäftigen. Diese Beispiele verdeutlichen Verflechtungen von Performance und diskursiven, politische Fragen und zeigen die Herausforderungen an, wie wir z.B. mit Re-enactment, Wiederholung, etc. umgehen können, ohne dass wir Verhältnisse reproduzieren und stärken, die wir eigentlich kritisieren wollen. Im zweiten Teil des Workshops wollen wir - ausgehend von der Sprache - entlang basaler Übungen Verschiebungen, Brüche, Erweiterungen erzeugen. Der Körper, das Arbeiten mit Präsenz und Räumlichkeit unterstützt uns dabei und ermöglicht uns ein niederschwelliges, „ernsthaftes“ Spielen.
Marty Huber, Dramaturgin, Performancetheoretikerin, Radiomacherin und queere Aktivistin. Ihr Interesse an den Zusammenhängen zwischen Performance und Politik mündet des öfteren in nomadische Interventionen im öffentlichen Raum. Neben den praktischen Konsequenzen aus der Queer Theorie ist sie interessiert an Interventionen von Seiten antirassistischer Kontexte.
Workshop 2
„Kein Interesse und kein Spaß nicht erlaubt“
Kritische Vermittlung partizipativer Ausstellungen am Beispiel „Frühling“ von Pawel Althamer mit Kasseler Kindern
Simone Wiegand, Achim Vorreiter
An der aktuellen Ausstellung „Frühling“ von Pawel Althamer in der Kunsthalle Fridericianum sind über 200 Kinder im Alter von 4 - 12 Jahren als Protagonist_innen und Co-Autor_innen beteiligt. Der Ausstellungsraum ist eine offene Werkstattsituation, in der künstlerische Schaffensprozesse von der Idee bis zum Bau gezeigt werden.
Für die Vermittler_innen stellt sich die Frage: Wie ist mit dem kollektiven und prozessorientierten Arbeiten in der Vermittlung umzugehen? Welches Handeln ist in einer Vermittlungssituation möglich, wenn bei dem zu diskutierenden Projekt das kollektive Handeln im Ausstellungsraum im Vordergrund steht?
Der Workshop in der Ausstellung will Problemstellungen in der Vermittlung partizipativer und performativer Kunstprojekte auf der Basis unserer individuellen praktischen Erfahrungen und theoretischen Zugänge diskutieren und nach Möglichkeiten ihrer Überwindung suchen.
Achim Vorreiter M.A., Mitglied im Team der Kunstvermittlung der Kunsthalle Fridericianum. Studierte Soziologie, Psychologie und Humangeographie an der Universität Kassel. Er arbeitet als selbständiger Sozialforscher und Kunstvermittler und war Mitarbeiter im Vermittlungsteam und Mitglied im Ausstellungsbeirat der documenta 12.
Simone Wiegand studiert Kunstpädagogik und Französisch an der Universität Kassel. Sie war als Vermittlerin auf der documenta 12 beschäftigt und arbeitete an der der Entwicklung eines Internetforums für Jugendliche mit www.fragen-zur-kunst.de. Sie ist Teil des Vermittlungsteams der Kunsthalle Fridericianum.
Workshop 3
Ich will was darstellen!
Optionen des Performativen für die Kunstvermittlerin
Andrea Hubin
Warum interessiert sich die Kunstvermittlung für das Performative? Zum einen weil mit dem Begriff Vorstellungen über die Wirksamkeit und Handlungskapazität von sprachlichen Äußerungen verbunden sind. Zum anderen vielleicht weil – vorbereitet durch die Performance-Kunst – gewisse Restrukturierungen von Publikumsbeziehungen in Aussicht stehen. Einigen wir uns provisorisch darauf, dass der gemeinsame Nenner von Kunstvermittlungs-Situationen die „Interaktion unter Anwesenden“ ist, so finden sich in der Theorie schnell Ansätze, die dieser Situation eine grundlegende Performativität zusprechen. Aber welche spezifischen Strategien und Identitätsmodelle lassen sich aus dieser Annahme ableiten? Der Workshop will ein Repertoire an brauchbaren Rollen zusammen tragen und sich vor allem der Frage stellen, ob es beim „performen“ darum geht, die Kunstvermittlerin als Autorin zu stärken oder aber ihre Rolle der Allwissenden zu demontieren.
Workshop 4
Mit viel Theater zur Performance
Authentizität darf geprobt werden
Julia Draxler
In diesem Workshop soll an praktischen Beispielen getestet werden, inwiefern theaterpädagogische Methoden in der Kunstvermittlung angewandt werden können.
Nach einem kurzen Einstieg mit Aufwärm- und Spielübungen, soll im darauf folgenden Teil der Transfer theaterpädagogischer Methoden in den Kunst- und Ausstellungskontext stattfinden und letztendlich von den TeilnehmerInnen kleine performative Stücke entwickelt werden.
Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Methode des Theaters der Unterdrückten von Augusto Boal. Ansätze wie bspw. sein Zeitungs- und Statuentheater wurden von dem Theatertheoretiker und Regisseur während der Diktaturzeit in Brasilien entwickelt, um politische Missstände und Machtverhältnisse aufzuzeigen. Gleichzeitig wollte Boal aber auch ein Werkzeug schaffen, mit dem Lösungsmöglichkeiten gegen Unterdrückung gesucht und ausprobiert werden können. Folgende Überlegungen sind dabei für den Workshop relevant: Welche hierarchischen Strukturen und Machtverhältnisse manifestieren sich in der Kunst, im Museumsbereich und in der Kunstvermittlung? Und was kann Boals Methode in diesem Kontext bewirken?
Julia Draxler (*1979), Studium der Kunst und der Geschichte für Lehramt an Gymnasien an der Universität Leipzig, Kunstvermittlerin im Museum für Moderne Kunst und in der Kunsthalle Wien, Zivilcourage- und Menschenrechtstrainerin für Amnesty International mit der „Theater der Unterdrückten“-Schauspielgruppe Spielerai.
Workshop 5
Edge of the facts
Chris Regn
Bilder lassen sich beschreiben, interpretieren, ergänzen, sie werden zu lebendigen Bildern und können, via Medien und Wahrnehmung verschlüsselt und entschlüsselt, zu neuen Gesten, Handlungen und Geschichten Anstoß geben. Spielidee ist es, Konzentrate aus alltäglichen Abläufen oder überlieferten Geschichten oder Bildern herzustellen. Es entstehen Momente, in denen das, was man immer tut, bewusst zelebriert, gefeiert und möglicherweise verschoben werden kann.
Gesucht : positioniert : gefunden? werden die Körper, die als Fixpunkte und Austragungsflächen nicht glatt in den Normen aufgehen können und wollen der Eindeutigkeit ein Schnippchen schlagen. Anhand von anwesenden, mitgebrachten und gesehenen Objekten, Dokumenten und Erzählungen werden wir kleine Performancestückchen entwickeln
Workshop 6
Wie viel Vermittlung braucht die Kunst?
Diskussion zum Verhältnis von Kuratieren und Vermitteln
Rein Wolfs, Andrea Linnenkohl
18:00 Pause
18:10
Abschlussdiskussion
Moderation: Kea Wienand
Kea Wienand, Kunstwissenschaftlerin. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Kunst, Kunstgeschichte und Kunstpädagogik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. 2004–2006 Promotionsstipendiatin im Graduiertenkolleg „Identität und Differenz. Geschlechterkonstruktionen und Interkulturalität“ der Universität Trier. 2007 Kunstvermittlerin auf der documenta 12, Kassel.
Eine Veranstaltung des Institute for Art Education der Zürcher Hochschule der Künste und der Kunsthalle Fridericianum Kassel. Konzept: Nora Landkammer, Carmen Mörsch, Sandra Ortmann, Anna Schürch, Bernadett Settele.
Eine Dokumentation finden Sie im eJournal Art Education Research.
Hinweis:
Im Vorfeld des Symposiums präsentierte am Freitag, 19. Juni, 19 Uhr die Kunstvermittlung der documenta 12 die neu erscheinende Publikation "Kunstvermittlung 1+2" im Fridericianum, Kassel.
Performing the Self. Die Vermittlungssituation und die Vermittler_in selbst stellen sich im (Wieder-)Aufführen von historisch gegebenen Handlungsmöglichkeiten her. Gerade in der Suche nach Widerständigkeiten in der Aufführung befindet sich das Agieren der Vermittlung im Kunstraum schon mitten im Terrain der Performance.
Performing the Museum heißt, über die Herstellung der Institution und der Subjekte in der Vermittlungspraxis nachzudenken, es heißt aber auch danach zu fragen, was Vermittlung und die künstlerische Performance mit ihren Erfahrungen von Körper, Raum und Zeit (sich) zu sagen haben.
Das Symposium bietet einen Tag mit Vorträgen, Workshops und Performances für Vermittler_innen, Künstler_innen und andere Interessierte, zur Weiterbildung und zur Vernetzung. Gemeinsam sollen im Austausch über Vermittlungsstrategien verschiedener Personen, Gruppen und Institutionen neue Handlungsweisen in der Vermittlung entwickelt werden – perform the museum!
PROGRAMM
10:00
Eintreffen, Anmeldung
10:30
Informing the Museum:
Kritische Kunstvermittlung 1999 – 2009 und ihre Folgen
Carmen Mörsch
Ohne die Vermittlung und den Beirat auf der documenta 12, ohne die kuratorische Setzung des Bildungsbegriffs, durch die der „Educational Turn in Curating“ zu einem global rezipierten Phänomen avancierte, ohne die Arbeit des Forschungsteams der d12-Vermittlung und ohne die Möglichkeit, all dies zu publizieren würde die Tagung „KUNST [auf] FÜHREN“ wahrscheinlich nicht an diesem Ort, nicht in dieser Form und nicht mit diesen Beiträgen stattfinden. Doch ist es an dieser Stelle vielleicht sinnvoll, etwas weiter auszuholen.
Kunstvermittlung hat in den vergangenen zehn Jahren Museen und Kunstinstitutionen nicht nur mit hergestellt, wie C. Garoian in seinem Text „Performing the Museum“ verdeutlicht. Sie hat diese Institutionen auch in-formiert: Sie mit Wissen und Praktiken versorgt, die ihnen einen Zuwachs an symbolischem Kapital, an kulturpolitischer Legitimation und gesellschaftlicher Sinnstiftung verheissen. Die sie aber weiterhin kaum bezahlen können oder wollen. Und die weiterhin ein Störmoment in ihrem institutionellen Gefüge darstellen.
Der Beitrag liefert einen kurzen Rückblick über diese Entwicklung und befragt den Status Quo auf seine Potentiale und seine Leerstellen.
Carmen Mörsch, seit 1995 Projekte, Publikationen und Forschung in der Kunstvermittlung und kulturellen Bildung. 2003–2008 Juniorprofessorin am Kulturwissenschaftlichen Institut KUNST-TEXTIL-MEDIEN der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Forschungstätigkeit u.a. in Modellprojekten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (2003-2005) und des Landesverbandes der Kunstschulen Niedersachsen (2005-2007). 2006/2007 wissenschaftliche Begleitung der Kunstvermittlung auf der documenta 12. Seit April 2008 Leiterin des Institute for Art Education (IAE) der Zürcher Hochschule der Künste.
10:50
Quer gelesen und zurück gesprochen.
Ein Vortrag zu Performancetheorie in Dialogform
Sabine Gebhardt Fink im Dialog mit Nora Landkammer und Anna Schürch
Ausgehend von Judith Butlers Verständnis des performativen Aktes als einer Handlung „die immer wieder repetiert und gesellschaftlich legitimiert werden muss“, sollen im Vortrag aktuelle Konzepte von Performativität kritisch befragt werden. Dies in der Absicht, über performative Akte der Bedeutungsproduktion in der Performance-Kunst selbst nachzudenken.
Es werden dazu die folgenden vier Themenfelder näher beleuchtet: Präsenz und Embodiment, Strategien der Handlungsermächtigung in kollektiven Rezeptionspraktiken, Konstruktionen des Ortes sowie Fragen der Medialität. Performative Projekte der KünstlerInnen Alexandra Bachzetsis, San Keller, William Hunt und Kateřina Šedá werden unter dieser Themenstellung analysiert.
Die Form des Vortrags als Dialog entspricht dem Anliegen, performancetheoretische Ansätze mit dem aktuellen Vermittlungsdiskurs in Verbindung zu bringen. Welche Instrumente der Handlungsermächtigung können aus der Performance-Theorie für die Kunstvermittlung abgleitet werden?
Sabine Gebhardt Fink (*1966), Kunstwissenschaftlerin und Dozentin am ICS ZHdK. Arbeitet in folgenden Netzwerken mit: Performance Chronik, Performance Studies International und Performance Index (Mitbegründerin). Dissertation an der Universität Basel „Transformation der Aktion“ (Wien 2003). Forscherin u.a. für die SNF-Projekte „Perform Space“ und „The Situated Body“.
Anna Schürch, Fachlehrerin für Bildnerisches Gestalten und Kunstvermittlerin. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IAE ZHdK, Schwerpunkt schulische Kunstpädagogik. Lehrtätigkeit im BA und MA in Art Education der sowie am Propädeutikum der ZHdK. Kunstvermittlerin documenta 12.
Nora Landkammer (*1983) hat Kunst und Kommunikative Praxis sowie Hispanistik in Wien studiert. In der Vermittlung war sie bei der documenta 12, in der Kunsthalle Wien sowie in mit der Gruppe MIK organisierten Projekten tätig. Seit 2008 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institute for Art Education, ZHdK Zürich.
11:35
Eine Freundin von mir hat bei Büchern einfach das Ende neu geschrieben, wenn es ihr nicht gefallen hat.
Chris Regn
Bildwechsel - Dachverband für Frauen, Medien und Kultur – sammelt, archiviert, produziert und präsentiert Material und ist ein 30 Jahre altes multimediales Projekt zu Berufsbildern, Repräsentationsmechanismen und Techniken von Künstlerinnen+. In der Organisation von Gender und Kunst ist die Frage nach Repräsentationen, nach internationalen Systemen und strukturellen Unklarheiten auch die Frage nach dem Spielraum in diesen Modellen.
Archive und Aktionsforen stellen Raum, in dem sich Informationen und Materialien ständig neu zusammensetzen, kommentieren, interpretieren und vermitteln lassen. Neben Bildwechsel sollen Einblicke in das Interview-, Vermittlungs- und Performanceprojekt „Generation Gap“ und „Performance Saga“ mit Performerinnen der Vorbild-Generation gegeben werden.
Chris Regn/Helga Broll (*1964). Lebt in Hamburg und Basel und arbeitet als Künstlerin, Organisatorin, Veranstalterin und Kuratorin in verschiedenen Projekten und Kunsträumen wie Bildwechsel Hamburg, Galerie Broll, Kaskadenkondensator Basel, Lodypop sowie mit den Künstlerinnengruppen „Evi, Nic und C“ und „Tischgespräche”.
12:20
Autonomy within the institution:
towards a critical art education
microsillons
As a collective, microsillons works as head of the art education department in le Centre d’Art Contemporain Genève, as well as in an autonomous way, on projects dealing with the questions of ‘public’ and ‘education’, trying to deconstruct these notions. The collective considers its art education practice as being the core of its artistic practice, rather than being something additional to it.
microsillons develops a critical approach to art education, developing projects which sometimes criticize art institutions, but is at the same time conscious - following Andrea Fraser – ‘to be the institution’. Speaking from that paradoxal situation, microsillons wants to adress what it means and what it takes to work inside and for an art institution.
Is an art institution without education programmes something conceivable? How does art education participate in the building of institutional discourses? Is a critical art education programme possible within the frame of an institution? Even if educational departments bring a high symbolic value to institutions, is art education condemned to be in the last position of the curatorial chain?
microsillons is a collective of artists/art educators founded in 2005 by Marianne Guarino-Huet and Olivier Desvoignes.
They work autonomously on art and art education projects and, since 2008, they are in charge of the art education department at the Centre d’Art Contemporain Genève.
They won a Swiss Art Award (in the ‘art and architecture education’ category) for their work in 2008, and the City of Geneva’s grant for contemporary art educators in 2007. www.microsillons.org
13:00 Mittagspause
14:00
Performing the Vermittler_in
Bernadett Settele, Andrea Hubin
2008 fand die 5. berlin biennale statt. Bernadett Settele und Andrea Hubin bewarben sich mit einem Kunstvermittlungsprojekt, das später den Namen Secret Service erhielt und Formate wie Encounters, Investigations, Aperos und Blind Dates inszenierte. Die Mitwirkenden performten (sich) als smarte „Agent_innen“, die dem Publikum ihr Wissen und ihre Einschätzungen aus Diskussionen und Recherchen zum Kunst- und Ausstellungssystem berlin biennale zur Verfügung stellten.
Der Vortrag wird versuchen, die folgenden Fragen mit einem Blick auf Subjekt- und Dingtheorien zu beantworten: Inwieweit stellte die berlin biennale eine besondere Ausgangssituation dar, auf die mit einer spezifischen Vermittlungstrategie geantwortet werden musste? Bietet die Inszenierung performativer Situationen und Settings wie Encounter, Investigation, Apero oder Blind Date Handlungsmöglichkeiten für Agent_innen und Publikum? Dienten Rollen, Bezeichnungen, Requisiten und Kostüme eher dazu, innerhalb institutioneller und systemischer Determinierungen eine Differenz zu markieren oder sich zu schützen? Welches Potential barg die Rolle der Agent_in?
(Secret Service bei der bb5 waren: Birgit Bertram, Katharina Dietz, Anne Fäser, Karin Harrasser, Andrea Hubin, Carsten Horn, Dominique Hurth, Stephanie Kiessling, Anna Kowalska, Sandra Ortmann, Bernadett Settele. Archiv: http://bb5.berlinbiennial.de/)
Andrea Hubin, Kunsthistorikerin und Kunstvermittlerin. 2008 Konzept Kunstvermittlung 5. berlin bienniale „Secret Service“; 2007 Kunstvermittlerin documenta 12, 1999-2003 Kunstvermittlung Generali Foundation Wien // Institutionenarbeit für Kunstausbildungen, Forschung & Publikationen zu Vermittlungsinstitutionen der Moderne, Mitwirkung an diversen Kunstprojekten mit sozial engagiertem Ansatz.
Bernadett Settele, Kunsthistoriker_in und Kunstvermittler_in. Wissenschaftliche Mitarbeiter_in am IAE Zürich (Forschungsbereich Kunstvermittlung in Museen und Ausstellungen). 2008 Leitung Kunstvermittlung der 5. berlin biennale „Secret Service“. 2007 Kunstvermittlung documenta 12. 2002-2007 Redaktion und Gestaltung der Zeitschrift diskus www.copyriot.com/diskus. Performt (sich) in Körper und Sprache.
14:45
Performative Ausstellungen kuratieren
Rein Wolfs
Anhand von Beispielen aus der eigenen kuratorischen Praxis (Rirkrit Tiravanija, Christoph Büchel, Pawel Althamer) wird auf die Chancen, die notwendigen Bedingungen, die Problematik und das kommunikative Potenzial von performativen Ausstellungen eingegangen. Es handelt sich bei den Beispielen um Ausstellungen, die prozessual und installativ angelegt sind, die kontinuierlich in Bewegung sind, die in Richtung Gesamtkunstwerk tendieren und als Performance, die sich über die gesamte Länge der jeweiligen Ausstellungsperiode erstreckt, zu deuten sind. Die Grenzen zwischen Kunst und Wirklichkeit werden laufend erkundet. Wichtige Fragen bei solchen Projekten sind: Inwiefern können die Besucher/innen in den kreativen Prozess mit einbezogen werden? Inwiefern werden Besucher/innen manipuliert? Wo ist die Abgrenzung zur Realität? Was verlangen solche Ausstellungen von den Kuratoren und von den Institutionen? Wie lassen sich solche Ausstellungen vermitteln? Wie prägen sie eine Institution?
Seit Januar 2008 ist Rein Wolfs Künstlerischer Leiter der Kunsthalle Fridericianum. Vorher war er sechs Jahre Ausstellungsdirektor im Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam. 2003 kuratierte er den niederländischen Pavillon bei der Venedig Biennale. 1996 bis 2001 war er der erste Direktor des Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich.
15:15
Performative Interventionen
Studierende der Kunsthochschule Kassel setzen sich performativ zu den Ausstellungen „Frühling“ von Pawel Althamer mit Kasseler Kindern und „Fomuška“ von Micol Assaël ins Verhältnis.
Mit: Lena Grewenig, Manuel Kirsch, Lena Lang, Beatrice Michaels, Tanja Mrotzkowski, Kim-André Schulz und anderen. Konzeption: Sandra Ortmann und Anna Schürch.
Sandra Ortmann ist Volontärin für Kunstvermittlung an der Kunsthalle Fridericianum. Sie arbeitete als Kunstvermittlerin im Team der documenta 12 und der 5. berlin biennale. Mit „Sissy Boyz“ und „Ärzte ohne Ängste“ forscht und performt sie zu den Themen Geschlecht, Sexualität, Macht und Popkultur.
16:15 Kaffeepause
16:30
Workshops
Es finden parallel fünf Workshops statt. Listen zur Anmeldung liegen ab 10 Uhr beim Anmeldetisch bereit.
Workshop 1
Falling apart and coming together
Übersetzungen in Sprache und Körper
Marty Huber
Fragen der Übersetzungen zwischen Sprache und Körper beschäftigen mich in Theorie und Praxis seit geraumer Zeit. Der Einsatz von Performance als Taktik der Vermittlung schafft meiner Erfahrung nach zusätzliche Gelegenheiten der Wissensvermittlung abseits kognitiver Strategien. Im Workshop werden zuerst Beispiele aus meiner bisherigen Praxis präsentiert, die sich mit dem produktiven Auseinanderfallen von Sprache und Körper beschäftigen. Diese Beispiele verdeutlichen Verflechtungen von Performance und diskursiven, politische Fragen und zeigen die Herausforderungen an, wie wir z.B. mit Re-enactment, Wiederholung, etc. umgehen können, ohne dass wir Verhältnisse reproduzieren und stärken, die wir eigentlich kritisieren wollen. Im zweiten Teil des Workshops wollen wir - ausgehend von der Sprache - entlang basaler Übungen Verschiebungen, Brüche, Erweiterungen erzeugen. Der Körper, das Arbeiten mit Präsenz und Räumlichkeit unterstützt uns dabei und ermöglicht uns ein niederschwelliges, „ernsthaftes“ Spielen.
Marty Huber, Dramaturgin, Performancetheoretikerin, Radiomacherin und queere Aktivistin. Ihr Interesse an den Zusammenhängen zwischen Performance und Politik mündet des öfteren in nomadische Interventionen im öffentlichen Raum. Neben den praktischen Konsequenzen aus der Queer Theorie ist sie interessiert an Interventionen von Seiten antirassistischer Kontexte.
Workshop 2
„Kein Interesse und kein Spaß nicht erlaubt“
Kritische Vermittlung partizipativer Ausstellungen am Beispiel „Frühling“ von Pawel Althamer mit Kasseler Kindern
Simone Wiegand, Achim Vorreiter
An der aktuellen Ausstellung „Frühling“ von Pawel Althamer in der Kunsthalle Fridericianum sind über 200 Kinder im Alter von 4 - 12 Jahren als Protagonist_innen und Co-Autor_innen beteiligt. Der Ausstellungsraum ist eine offene Werkstattsituation, in der künstlerische Schaffensprozesse von der Idee bis zum Bau gezeigt werden.
Für die Vermittler_innen stellt sich die Frage: Wie ist mit dem kollektiven und prozessorientierten Arbeiten in der Vermittlung umzugehen? Welches Handeln ist in einer Vermittlungssituation möglich, wenn bei dem zu diskutierenden Projekt das kollektive Handeln im Ausstellungsraum im Vordergrund steht?
Der Workshop in der Ausstellung will Problemstellungen in der Vermittlung partizipativer und performativer Kunstprojekte auf der Basis unserer individuellen praktischen Erfahrungen und theoretischen Zugänge diskutieren und nach Möglichkeiten ihrer Überwindung suchen.
Achim Vorreiter M.A., Mitglied im Team der Kunstvermittlung der Kunsthalle Fridericianum. Studierte Soziologie, Psychologie und Humangeographie an der Universität Kassel. Er arbeitet als selbständiger Sozialforscher und Kunstvermittler und war Mitarbeiter im Vermittlungsteam und Mitglied im Ausstellungsbeirat der documenta 12.
Simone Wiegand studiert Kunstpädagogik und Französisch an der Universität Kassel. Sie war als Vermittlerin auf der documenta 12 beschäftigt und arbeitete an der der Entwicklung eines Internetforums für Jugendliche mit www.fragen-zur-kunst.de. Sie ist Teil des Vermittlungsteams der Kunsthalle Fridericianum.
Workshop 3
Ich will was darstellen!
Optionen des Performativen für die Kunstvermittlerin
Andrea Hubin
Warum interessiert sich die Kunstvermittlung für das Performative? Zum einen weil mit dem Begriff Vorstellungen über die Wirksamkeit und Handlungskapazität von sprachlichen Äußerungen verbunden sind. Zum anderen vielleicht weil – vorbereitet durch die Performance-Kunst – gewisse Restrukturierungen von Publikumsbeziehungen in Aussicht stehen. Einigen wir uns provisorisch darauf, dass der gemeinsame Nenner von Kunstvermittlungs-Situationen die „Interaktion unter Anwesenden“ ist, so finden sich in der Theorie schnell Ansätze, die dieser Situation eine grundlegende Performativität zusprechen. Aber welche spezifischen Strategien und Identitätsmodelle lassen sich aus dieser Annahme ableiten? Der Workshop will ein Repertoire an brauchbaren Rollen zusammen tragen und sich vor allem der Frage stellen, ob es beim „performen“ darum geht, die Kunstvermittlerin als Autorin zu stärken oder aber ihre Rolle der Allwissenden zu demontieren.
Workshop 4
Mit viel Theater zur Performance
Authentizität darf geprobt werden
Julia Draxler
In diesem Workshop soll an praktischen Beispielen getestet werden, inwiefern theaterpädagogische Methoden in der Kunstvermittlung angewandt werden können.
Nach einem kurzen Einstieg mit Aufwärm- und Spielübungen, soll im darauf folgenden Teil der Transfer theaterpädagogischer Methoden in den Kunst- und Ausstellungskontext stattfinden und letztendlich von den TeilnehmerInnen kleine performative Stücke entwickelt werden.
Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Methode des Theaters der Unterdrückten von Augusto Boal. Ansätze wie bspw. sein Zeitungs- und Statuentheater wurden von dem Theatertheoretiker und Regisseur während der Diktaturzeit in Brasilien entwickelt, um politische Missstände und Machtverhältnisse aufzuzeigen. Gleichzeitig wollte Boal aber auch ein Werkzeug schaffen, mit dem Lösungsmöglichkeiten gegen Unterdrückung gesucht und ausprobiert werden können. Folgende Überlegungen sind dabei für den Workshop relevant: Welche hierarchischen Strukturen und Machtverhältnisse manifestieren sich in der Kunst, im Museumsbereich und in der Kunstvermittlung? Und was kann Boals Methode in diesem Kontext bewirken?
Julia Draxler (*1979), Studium der Kunst und der Geschichte für Lehramt an Gymnasien an der Universität Leipzig, Kunstvermittlerin im Museum für Moderne Kunst und in der Kunsthalle Wien, Zivilcourage- und Menschenrechtstrainerin für Amnesty International mit der „Theater der Unterdrückten“-Schauspielgruppe Spielerai.
Workshop 5
Edge of the facts
Chris Regn
Bilder lassen sich beschreiben, interpretieren, ergänzen, sie werden zu lebendigen Bildern und können, via Medien und Wahrnehmung verschlüsselt und entschlüsselt, zu neuen Gesten, Handlungen und Geschichten Anstoß geben. Spielidee ist es, Konzentrate aus alltäglichen Abläufen oder überlieferten Geschichten oder Bildern herzustellen. Es entstehen Momente, in denen das, was man immer tut, bewusst zelebriert, gefeiert und möglicherweise verschoben werden kann.
Gesucht : positioniert : gefunden? werden die Körper, die als Fixpunkte und Austragungsflächen nicht glatt in den Normen aufgehen können und wollen der Eindeutigkeit ein Schnippchen schlagen. Anhand von anwesenden, mitgebrachten und gesehenen Objekten, Dokumenten und Erzählungen werden wir kleine Performancestückchen entwickeln
Workshop 6
Wie viel Vermittlung braucht die Kunst?
Diskussion zum Verhältnis von Kuratieren und Vermitteln
Rein Wolfs, Andrea Linnenkohl
18:00 Pause
18:10
Abschlussdiskussion
Moderation: Kea Wienand
Kea Wienand, Kunstwissenschaftlerin. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Kunst, Kunstgeschichte und Kunstpädagogik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. 2004–2006 Promotionsstipendiatin im Graduiertenkolleg „Identität und Differenz. Geschlechterkonstruktionen und Interkulturalität“ der Universität Trier. 2007 Kunstvermittlerin auf der documenta 12, Kassel.
Eine Veranstaltung des Institute for Art Education der Zürcher Hochschule der Künste und der Kunsthalle Fridericianum Kassel. Konzept: Nora Landkammer, Carmen Mörsch, Sandra Ortmann, Anna Schürch, Bernadett Settele.
Eine Dokumentation finden Sie im eJournal Art Education Research.
Hinweis:
Im Vorfeld des Symposiums präsentierte am Freitag, 19. Juni, 19 Uhr die Kunstvermittlung der documenta 12 die neu erscheinende Publikation "Kunstvermittlung 1+2" im Fridericianum, Kassel.